Olivenöl – das grüne Gold Andalusiens

Wer noch nie den herben, leicht bitteren Geschmack dieses köstlichen, samtigen Öls auf der Zunge gespürt hat, wird kaum verstehen, dass es dem Kenner wie ein Destillat der Sonne selbst vorkommt. Im Olivenöl scheinen gleißendes Licht und die Glut eines Sommertages verdichtet zu sein.
Olivenöl Andalusien
Das andalusische Olivenöl stammt vorwiegend aus der Provinz Jaén ( carballo / Shutterstock.com )

Der Olivenbaum – Geschenk der Götter

Seit Jahrtausenden ist der Olivenbaum eng verbunden mit der Kulturgeschichte der Menschheit und fester Bestandteil von Mythen und Legenden des Mittelmeerraums. In der griechischen Mythologie ist der Olivenbaum ein Geschenk Athenes, der Göttin der Weisheit. Als sie mit Poseidon, dem Gott des Meeres, um die Vorherrschaft in Attika wetteiferte, ließ Athene einen Olivenbaum wachsen und errang so die Gunst der Bewohner, so die Legende. Seine Fähigkeit, kargen, trockenen Böden dieses so wohlschmeckende und gesunde Gold abzutrotzen, machte ihn zum Symbol für Fruchtbarkeit und Stärke.

Sogar in den 6.000 Jahre alten Dolmen von Antequera fanden Forscher Gefäße mit Olivenölresten. Die Phönizier brachten das Olivenöl vermutlich aus Syrien und dem Libanon nach Spanien. Im spanischen Wort Aceite für Olivenöl kommt dieser arabische Einfluss zum Ausdruck. Es bedeutet Olivensaft.

In dem kleinen Dorf Archidona in der Nähe von Antequera findet jedes Jahr im Dezember die Feria del Aceite statt.

Olive ist nicht gleich Olive

In Spanien gibt es über 100 Olivenarten, aber nur 24 werden zur Gewinnung von Olivenöl verwendet. In Andalusien werden vor allem die Sorten Picual, Hojiblanca, Lechin, Verdial und Picudo angebaut.

Die Sorte Picual wird für 50% des spanischen Olivenöls verwendet, insbesondere in der Provinz Jaén. Weltweit sind es 20%. Jede Olive enthält 22 bis 27% Öl. Picual-Oliven, die in der Ebene angebaut werden, schmecken bitterer, als wenn sie aus den Bergen stammen. Picual eignen sich gut für Gazpacho und Salate.

Die Sorte Hojiblanca hat ihren Namen von der weißlichen Unterseite der Blätter dieses Olivenbaums. Sie hat einen etwas bitteren, mandelartigen Nachgeschmack. Ihr Öl eignet sich gut zum Braten und zur Zubereitung von Pasten. In Andalusien hat die Hojiblanca einen Marktanteil von 16% und wird vor allem nördlich von Málaga und südlich von Córdoba angebaut. Sie wird reif, also schwarz, geerntet.

Die Sorte Lechin eignet sich gut für Tapas und Süßigkeiten. Sie hat einen Ölgehalt von 16% und wird häufig mit anderen Olivenölsorten gemischt. Sie kommt in der Provinz Granada und in Teilen der Provinz Sevilla vor und ist erkennbar an der milchigweißen Farbe ihres Öls. Daher leitet sich ihr Name von Leche (Milch) ab. Die Frucht selbst ist dunkelblau.

Die Sorte Verdial findet man in beinahe ganz Andalusien. Die Farbe ist blau oder grün. Die Früchte sind besonders groß, schmecken mild und ihr Ölanteil beträgt 22%. Sie hat im Verhältnis zum Kern einen besonders hohen Fruchtanteil. Damit ist sie ideal für den Vorspeisenteller.

Die Sorte Picudo kommt hauptsächlich um Córdoba und Baena vor. Sie verfügt über einen Ölanteil von 20% und ist fast so groß wie Verdial. Ihr fruchtig-frischer und milder Nachgeschmack macht sie beliebt zur Verwendung in Salaten, Pasten oder als Snack auf dem Tisch. Sie hat eine leicht weiß-rötliche Farbe.

Andalusien – pulsierendes Herz des Olivenanbaus

Kein Wunder, dass die Landschaft Andalusiens wesentlich durch die Präsenz des Olivenbaums geprägt ist, denn hier konzentrieren sich 80% der Anbaufläche Spaniens. Der Blick verliert sich in die Weite, schweift über rollende Hügel, bestanden mit nicht enden wollenden Reihen von Olivenbäumen, die Teil einer Landschaft gewordenen Geometrie zu sein scheinen und die der Region einen ganz eigenen Charakter verleihen. So bezeichnete Spaniens Dichter Antonio Machado die Olivenhaine poetisch treffend als »Land der gekämmten Hügel«. Wer einmal die eigentümliche Schönheit der geometrisch angeordneten Olivenhaine gesehen hat, wird sie schwerlich wieder vergessen.

Nördlich von Marbella befindet sich auf 870 m Meereshöhe der Olivar de Juanar. Das ist ein romantisches Hochtal voller Olivenbäume inmitten der Sierra Blanca. Das Besondere an diesem öffentlichen Olivenhain besteht darin, dass die Bevölkerung der umgebenden Dörfer die dort stehenden Olivenbäume selbst pflegen und abernten darf. Olivenbäume, um die sich keiner kümmern möchte, verschwinden allmählich im Unkraut und umgebenden Unterholz und werden so quasi der Natur „zurückgegeben“.

Ehe ein Olivenbaum erstmals Früchte trägt, muss er mehrere Jahre reifen. Manche Olivenbäume sind 300 bis 600 Jahre alt. Durch sorgfältige Beschneidung kann man den späteren Ertrag steigern. Wenn du in Andalusien Feuerholz kaufst, wirst du meist Olivenbaum-Stücke bekommen. Die brennen im Kamin nur schwer an, dann aber flackern sie lange. Zum Anzünden solltest du Zapfen sowie trockene Nadeln und Zweige von Pinien vorrätig haben.

Priego de Córdoba – Synonym für Exzellenz

Die andalusische Region rund um die Stadt Priego de Córdoba ist berühmt für ihre hochklassigen und mit zahlreichen Preisen prämierten Olivenöle. Auf rund 30.000 Hektar Land werden hier im Naturpark Sierras Subbéticas auf bis zu 900 Meter Höhe die Sorten Picuda, Hojiblanca und Picual angebaut, die nur hier heimisch sind.

Die herausragende Qualität des Olivenöls wird vor allem durch die Ernte von unreifen bis halb reifen Früchten erreicht. Das macht die Arbeit deutlich schwerer, aber sorgt bei der Herstellung für unvergleichliche Öle.

Die Olivenöle der Region sind mit einem D.O.-Siegel geschützt (D.O steht für Denominación de Origen). Zu den besten und bekanntesten Ölen mit dem Siegel »D.O. Priego de Córdoba« gehören Cladium, El Empiedro, Parqueoliva und Rincón de la Subbética, Señorio de Vizcántar und Venta del Barón.

Wenn du ein Olivenöl davon probieren möchtest, empfehle ich dir Rincón de la Subbética. Es ist ein sortenreines Hojiblanca-Öl vom Allerfeinsten, ideal für Salate und Brot. Du kannst es hier online kaufen.

Wirtschaftsfaktor Olive

Spaniens 300 Millionen Olivenbäume erzeugen mit jährlich 1,2 Billionen Litern 44% des weltweiten Angebots von Olivenöl. Andalusien produziert davon mehr als doppelt so viel wie das restliche Spanien zusammen. Aus Italien kommt nur halb so viel und aus Griechenland nur ein Viertel. Jeder Spanier verbraucht im Jahr ca. 10 Liter Olivenöl. Nur die Griechen konsumieren noch mehr davon.

Die Produktion von Olivenöl ist, neben dem Tourismus, einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Andalusiens. 35% der bäuerlichen Bevölkerung in Andalusien beschäftigen sich mit dem Anbau, der Ernte und der Verarbeitung von Oliven. Allein in der Provinz Jaén stehen rund 60 Millionen Olivenbäume. Jaén als Hauptanbaugebiet erwirtschaftet rund 40% der Gesamtproduktion Andalusiens. Hier steht und fällt alles mit der Olive, denn sie ist Dreh- und Angelpunkt dieser von Touristen bisher kaum wahrgenommenen Region. So versucht man jetzt, mit der Schaffung einer »Olivenstraße« Touristen für die Region zu gewinnen. Kleinbauern und Ölmühlen haben sich zusammengetan und bieten dir Ölverkostungen, Kochkurse mit Olivenöl oder sogar die Mitarbeit bei der Ernte an. Natürlich kannst du auch in der Erntezeit, die zwischen Oktober und Dezember liegt, in einer der Ölmühlen den Herstellungsprozess des Olivenöls direkt mitverfolgen.

Zum vierten Mal in Folge wurde 2017 die Finca La Torre in Bobadilla in der Provinz Málaga als bester spanischer Erzeuger von Olivenöl ausgezeichnet. Hier werden die Oliven bereits im Oktober geerntet, weil sie dann am saftigsten sind. Die 34.000 Olivenbäume auf dieser Finca werden von Schafen gedüngt, aus deren Milch wiederum Käse erzeugt wird.

In den nächsten neun Jahren soll der Absatz von spanischem Olivenöl um 45% zunehmen. Da kann man den Olivenbauern nur wünschen, dass ihnen nicht Xylella fastidiosa einen dicken Strich durch die Rechnung macht. Denn dieses Bakterium, das die Olivenbäume in Italien großflächig befallen hat, wurde nun erstmals auch auf Mandelbäumen in der Region Valencia festgestellt. Die Baumkrankheit, die von dem Bakterium ausgeht, wird im Mittelmeerraum „Olivenbaum-Lepra“ genannt. Dabei trocknen die Bäume allmählich aus, bis sie wie von der Sonne versengt aussehen.

Der Natur würde das möglicherweise sogar guttun. Denn die Monokultur der Olivenfelder verbraucht immer mehr Wasser, während die Wasserspiegel der Stauseen immer niedriger werden. Voraussichtlich werden viele der Felder versteppen, sodass dort eines Tages gar nichts mehr wächst. Während der einige Male im Jahr auftretenden sintflutartigen Regenfälle der Gota Fría ist der ausgedörrte Boden nicht in der Lage, die plötzlichen Wassermassen aufzunehmen, was zu immer dramatischeren Überschwemmungen im Unterlauf von Flüssen in der Nähe des Mittelmeeres führt, wie z.B. zweimal im Jahr 2017 in der Provinz Málaga.

Die immer längeren Dürreperioden führen zu immer kleineren Olivenernten. 2023/24 rechnet man nur noch mit 700.000 Tonnen Oliven. In den letzten zwei Jahren stieg der Preis für Olivenöl der Güteklasse »Virgen Extra« um 130% auf 12 Euro pro Flasche, was auch zum Anstieg gepanschter Öle führte, die als »Virgen Extra« auf den Markt kommen. Einige Supermärkte versehen ihre Olivenölflaschen bereits mit einer Diebstahlsperre. Trotz des Preisanstiegs lohnt sich der Olivenanbau für immer mehr Bauern nicht mehr. Dabei spielt sich der größte Teil des Preisanstiegs zwischen Groß- und Einzelhandel ab, nicht bei den Olivenbauern.

Bauern, die ihre Olivenbäume ohne künstliche Bewässerung großziehen, ist der Zutritt zu den Bewässerungsgesellschaften verwehrt und ihre eigenen Brunnen sind ausgetrocknet. Stattdessen werden Olivenhaine jetzt verstärkt durch iranische Pistazienbäume ersetzt, welche die Hitze gut aushalten und hohe Profite bringen. Allerdings geht auch bei Pistazien ohne künstliche Bewässerung nichts.

Touren & Ausflüge online buchen

Mein persönlicher Tipp ist die Tour »Das Olivenöl und die Berge« vom Anbieter Oletrips. Teilnehmen kannst du, wenn sich dein Urlaubsort an der östlichen Costa del Sol befindet (z.B. Torre del Mar oder Nerja). Bei dieser Kleingruppentour sind max. 8 Personen mit dabei.

Inbegriffen sind:

  • Transfer von deiner Unterkunft
  • Deutschsprachiger Reiseleiter
  • Besuch einer hundert Jahre alten Ölbaumpflanzung und Vorstellung der Olivenernte mit den traditionellen Werkzeugen
  • Besuch eines Cortijo mit Ölmühle und Olivenöl-Verkostung
  • Besucherführung durch die weißen Bergdörfer Alfarnate und Alfarnatejo
  • Mittagessen und ein Getränk

Bei diesem Ausflug wirst du nicht nur zum Olivenöl-Experten, sondern du lernst auch die wunderschöne Berglandschaft der Axarquía kennen. Die Tour findet einmal in der Woche statt, dauert insgesamt ca. 9 Stunden und kostet 68 Euro pro Person.

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In einer Ölmühle den Herstellungsprozess miterleben

Vor der Verarbeitung der Oliven müssen diese natürlich erst einmal geerntet werden. Die Ernte erfolgt größtenteils manuell, denn nicht viele Anbaugebiete erlauben den Einsatz von Rüttelmaschinen, die den gesamten Baumstamm derart schütteln, dass die reifen Oliven herunterfallen. Meistens wird zur Ernte die vara, ein langer Holzstab, benutzt, mit dem die Oliven dann in ein darunter ausgelegtes Netz geschlagen werden. Für die Weiterverarbeitung zu Tafeloliven dagegen müssen die Oliven schonend per Hand von den Zweigen gestreift werden, um die Früchte nicht zu beschädigen

In der Ölmühle angekommen, werden die Oliven von Blättern und anderen Verunreinigungen befreit, gewaschen und mittels Mühlsteinen zu einer Paste zerrieben. Für eine halbe Stunde wird Wasser untergemischt, damit die Ölmoleküle verklumpen. Dann wird die Paste zwischen übereinander liegenden Matten aus Espartogras mechanisch ausgepresst. Paste und Wasser werden entfernt. Es ist ein ganz besonderer Moment, wenn der erste grüngoldene Strahl dieses köstlichen Saftes herausrinnt. Nur die erste kalte Pressung eines Öls, das einen Säuregrad von 0.8° nicht überschreitet, darf die Qualitätsbezeichnung »Virgen Extra« tragen.

Diese schonendste Art der Herstellung wird nur noch bei sehr hochwertigen Ölen angewandt. Meistens wird der Paste erhitztes Wasser beigegeben und das Öl mittels Zentrifugieren herausgepresst. Die Qualität des Öls wird durch die Herkunftsbezeichnung D.O. geschützt, die nur Öle mit den Qualitätsstufen Virgen Extra und Virgen tragen.

Doch nicht jede Olive wird zu Öl, Tafeloliven oder Tapenade (Olivenpaste mit Sardellen, Kapern und Knoblauch) verarbeitet, auch in der Kosmetikindustrie spielt sie eine immer größere Rolle. Ob Seife, Creme oder Körperlotion, auch hier findet diese wunderbare Frucht Verwendung.

Wenn du mehr über die Geschichte des Olivenöls erfahren möchtest, wirst du im Olive and Olive Oil Visitor Centre in Úbeda, im Baena Olive and Olive Oil Museum sowie im Museo Hojiblanca in Antequera fündig.

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