Drogenhandel: Ist Spanien das europäische Kolumbien?

Fährst du von Gibraltar nach Spanien, so passierst du nach der Grenze als erstes die mittelgroße spanische Stadt La Línea. Obwohl viele Einwohner von La Línea ihr Brot im wohlhabenden Gibraltar verdienen, gehört La Línea zu den andalusischen Städten mit der höchsten Arbeitslosigkeit und dem höchsten Armutsrisiko. Das machen sich die internationalen Rauschgiftschmuggler zunutze, die immer mehr Marihuana und Kokain aus Südamerika über Marokko nach Spanien schmuggeln. Obwohl die Polizei im Jahr 2017 zweiunddreißig Tonnen Kokain – das sind 40% des Kokains, das jährlich nach Europa kommt – aus dem Verkehr gezogen hat, steigt die illegale Einfuhr nach Spanien.

In La Línea sollen bereits 3.000 Einwohner im Dienst der Drogenbarone stehen. Das bekam die spanische Polizei unlängst schmerzhaft zu spüren. Ein gefangener Drogenhändler, der im Krankenhaus von La Línea zur Behandlung weilte, wurde dort von 20 maskierten und bewaffneten Komplizen befreit. Als die spanische Polizei einen weiteren Drogenhändler, der in einem SUV mit 510 kg Rauschgift unterwegs war, im Stadtteil San Bernardo verfolgte, wurde ihr der Weg von 200 Anwohnern versperrt. Der Drogenhändler entkam unerkannt. Und ein weiteres Polizeiauto wurde bei einer Jagd nach Drogendealern von Komplizen gekonnt in die Leitplanken der Schnellstraße gerammt.

Ende März 2018 wurden in einem Lagerhaus in Estepona 3,5 Tonnen Kokain im Marktwert von 120 Millionen Euro konfisziert, die dem Drogenbaron Sito Miñanco in Algeciras gehörten. Sie waren in Salzsäcken verpackt. Ende April stellt die Guardia Civil in der Bucht von Algeciras 8,5 Tonnen Kokain des kolumbianischen Gulf Clan sicher, der bisher größte Kokainfund in der EU. Die Drogen waren in 1080 Bananenkartons versteckt. 

Ein weiterer Drogenschwerpunkt ist die andalusische Stadt El Puerto de Santa María bei Cádiz. Dort haben drei Kinder Marihuana zu sich genommen, das in Überraschungseiern von Kinderschokolade versteckt war, die sie auf dem Spielplatz gefunden hatten. In Manilva wurden Drogendealer festgenommen, die Rauschgift auf dem Hof einer nahe gelegenen Schule verkauften.

Erstmals ist im Jahr 2018 die Anzahl der Personen, die wegen Rauschgiftproblemen in spanische Entzugskliniken eingeliefert wurden, höher als die Zahl der eingelieferten Alkoholkranken. Das hindert die linkspopulistische Partei Podemos jedoch nicht daran, in Spanien die Legalisierung von Cannabis zu fordern. Angesichts der derzeitigen Parlamentsmehrheit von PSOE, Podemos und Ciudadanos sieht Podemos gute Chancen, die von der Partei lange vorgetragene Forderung endlich zu verwirklichen. Podemos wirbt für diesen Schritt damit, dass die Legalisierung 1,2 Mrd. Euro Steuern in die Staatskassen spülen würde. Die mit der Legalisierung einher gehenden Gesundheitsgefahren sind Podemos hingegen offenbar egal. Insbesondere werden noch mehr junge Menschen, die durch Cannabis auf den Geschmack kommen, später auf härtere Drogen umsteigen, was die Kokain-Kartelle freuen dürfte.

Wohin wird das Rauschgift verbracht, welches illegal nach Andalusien einsickert? Ein beträchtlicher Teil wird – bevorzugt in Wohnmobilen – nach Frankreich, Belgien, Großbritannien und in die Niederlande weiter geleitet.

Aber auch in Katalonien bleibt eine beachtliche Menge zum örtlichen Verbrauch hängen. Nach einer Studie der EU ist Barcelona die Kokain-Hauptstadt Europas. Falls du dich jetzt fragst, warum die Spanier trotzdem so sehr an Katalonien als Teil Spaniens festhalten: das meiste Crystal Meth wird in Europa in Chemnitz konsumiert, während Amsterdam die Spitzenposition beim Methyl-Amphetamin Verbrauch (Ecstasy und Co) einnimmt.

Verfasst am 18. Juli 2018
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Kommentare

Geschrieben von Holger am 5. August 2018

Wirklich sehr interessanter Artikel.

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