Ostern in Spanien

Semana Santa – die Karwoche in Spanien
Du denkst bei Ostern an Schokohasen und bunte Eier im Garten? Dann wird dich Spanien überraschen. Hier erlebst du eine der eindrucksvollsten religiösen Traditionen Europas – die Semana Santa. Diese heilige Woche verwandelt das ganze Land zwischen Palmsonntag und Ostersonntag in eine spirituelle Ausnahmesituation, die selbst weniger religiöse Besucher in ihren Bann zieht.
Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern steht in Spanien die religiöse Bedeutung der Auferstehung Christi im Mittelpunkt. Kommerzielle Ostereiersuchen oder Osterhasen suchst du hier vergeblich. Stattdessen erwartet dich eine Woche voller jahrhundertealter Bräuche, spektakulärer Prozessionen und kulinarischer Köstlichkeiten, die du so nur hier findest.
Spaniens heilige Woche
Die Semana Santa beginnt am Palmsonntag (Domingo de Ramos) und dauert bis zum Ostersonntag (Domingo de Resurrección). Ihre Wurzeln reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück, als die katholische Kirche das Leiden Christi durch bildhafte Darstellungen auch der einfachen Bevölkerung näherbringen wollte. Damals entstanden die ersten hölzernen Heiligenfiguren, die die Stationen des Leidensweges symbolisieren.
Der Palmsonntag markiert den feierlichen Auftakt der Osterzeit. Überall siehst du Kinder mit selbstgebastelten Palmwedeln, geschmückt mit bunten Schleifen und Süßigkeiten. Besonders ist die spanische Tradition der weißen Palmwedel, die zwischen Dezember und Juni vorbereitet werden: Die äußeren Blätter werden kegelförmig zusammengebunden, damit das Sonnenlicht die inneren Triebe nicht erreicht – diese werden dann kunstvoll geflochten.
Während der gesamten Karwoche gelten strenge religiöse Vorschriften. Gläubige Katholiken verzichten auf Fleisch, und am Karfreitag (Viernes Santo) ist der Fleischverzehr strikt untersagt. Stattdessen kommen traditionelle Gerichte wie Kichererbseneintopf, Torrijas oder Bacalao (Kabeljau) auf den Tisch. Am Karfreitag kleiden sich viele Spanier in schwarze Trauergewänder – ein Zeichen der Ehrfurcht vor dem Leiden Christi.

Prozessionen, die dich sprachlos machen
Das Herzstück der Semana Santa sind die eindrucksvollen Prozessionen. Organisiert werden sie von Hermandades (Bruderschaften) und Cofradías (Laienbruderschaften), von denen heute noch über 50 aktiv sind. Jedes andalusische Dorf hat mindestens eine Bruderschaft, viele von ihnen mit Wurzeln in Sevilla.
Besonders beeindruckend sind die aufwendig gestalteten Gewänder der Teilnehmer. Die spitzen Kapuzen, die Gesicht und Kopf verhüllen und nur die Augen freilassen, sind charakteristisch für die sogenannten Nazarenos und Penitentes – Büßer, die die Pasos begleiten: kunstvoll gestaltete Holzgestelle mit Heiligenfiguren.
Die oft tonnenschweren Figuren werden von Mitgliedern der Bruderschaften durch die Straßen getragen – trotz des Gewichts eine große Ehre. Ausgangspunkt ist in der Regel die Pfarrkirche; von dort folgen die Prozessionen einer festgelegten Route durch die Stadt.
Ein besonderes Highlight ist »La Bajada del Ángel«: Ein als Engel verkleidetes Kind wird von einem Gerüst herabgelassen und nimmt der Jungfrau Maria symbolisch den schwarzen Schleier ab. In Valencia überrascht die Semana Santa mit einer liebenswerten Geste: Unter ihren Kutten tragen die Teilnehmer Tüten voller Bonbons, die sie an zuschauende Kinder verteilen.
Passionsspiele in den Regionen Spaniens
In Lorca in der Provinz Murcia stellen die Bruderschaften »azules« sowie »blancos« Bibelszenen nach. Die wertvollen Tuniken sind mit Silber sowie mit Gold bestickt. Soldaten auf Pferden stellen bei den Passionsspielen den Zug zum Tempel in Jerusalem nach.
Passionsspiele werden auch im Norden Spaniens aufgeführt. Bereits seit 1481 gibt es Passionsspiele in der Provinz Lérida im Ort Cervera. Daran nehmen über 300 kostümierte Darsteller den ganzen Tag lang teil.
In Andalusien kannst du an den Passionsspielen von Riogordo teilnehmen. Das kleine Dorf im Hinterland der Costa del Sol wird dann zum Schauplatz des Leidensweges von Jesu Christi. Eine Alternative sind die Passionsspiele von Cajiz, nur rund 30 Kilometer östlich von Málaga.
Kulinarische Höhepunkte der Osterzeit
Auch kulinarisch ist die Semana Santa ein Fest für die Sinne. Torrijas, die wohl bekannteste Oster-Süßspeise, sind ein absolutes Muss: dicke Brotscheiben, in Milch und Zucker getränkt, in Olivenöl goldbraun gebraten und anschließend mit Zucker bestreut oder in Sirup, Honig oder Wein getränkt – eine wahre Delikatesse.
Ebenfalls typisch ist die Mona de Pascua, ein Ostergebäck aus Brioche-Teig. In Katalonien wird sie traditionell nur am Ostersonntag verzehrt. Der Begriff leitet sich aus dem Arabischen ab und bezeichnete ursprünglich ein Opfergeschenk. Die Varianten sind regional unterschiedlich: In Valencia und Murcia wird die Mona mit hartgekochten Eiern verziert, während in Katalonien kunstvolle Schokoladeneier oder -figuren den Kuchen schmücken.
Bacalao – gesalzener Stockfisch – gehört ebenfalls zur klassischen Osterküche. Er wird auf vielfältige Weise zubereitet: gegrillt, gebacken oder in Eintöpfen, häufig begleitet von einem guten Glas Wein.
Regionale Unterschiede in der Osterzeit
Jede Region Spaniens hat ihre eigenen Osterbräuche. Andalusien bietet die wohl eindrucksvollsten und international bekanntesten Prozessionen. Städte wie Sevilla, Málaga oder Granada platzen während der Semana Santa aus allen Nähten. In Sevilla finden die Prozessionen seit 1521 statt; die Karfreitagsprozession »Jesús del Gran Poder« zieht jährlich Tausende Pilger und Besucher an.
In Katalonien wird Ostern anders gefeiert. Tarragona gilt als das Zentrum der katalanischen Semana Santa. Die dortige Prozession, als »Fiesta de Interés Turístico Nacional« ausgezeichnet, zieht über 5.000 Teilnehmer an und dauert bis zu fünf Stunden.
Valencia bietet mit der Semana Santa Marinera in den ehemaligen Fischervierteln Cabañal, Canyamelar und El Grao ein maritimes Gegenstück. Die Feierlichkeiten beginnen mit einer Hommage an die Opfer des Meeres am Strand von Las Arenas und zeichnen sich durch ihren besonderen Charakter aus.
Was du als Besucher wissen solltest
Wenn du planst, die Semana Santa live zu erleben, solltest du rechtzeitig buchen. In den großen Städten Andalusiens sind die Hotels rund um Ostern schnell ausgebucht, und die Preise steigen deutlich. Achte bei der Wahl deiner Unterkunft auf die Lage – wer erholsamen Schlaf sucht, sollte bedenken, dass die Prozessionen oft bis spät in die Nacht andauern.
Der Karfreitag ist in ganz Spanien gesetzlicher Feiertag, während Gründonnerstag und Ostermontag nur in bestimmten Regionen arbeitsfrei sind.
Spanien Magazin

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