Der neue spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez

Spanischer Ministerpräsident Pedro Sánchez
Pedro Sánchez im Wahlkampf ( zixia / Shutterstock.com )

Überraschend kam Anfang Juni 2018 Pedro Sánchez durch ein konstruktives Misstrauensvotum als neuer spanischer Ministerpräsident an die Macht. Da wir uns so lange an Mariano Rajoy gewöhnt hatten, werden die meisten Menschen in Deutschland von Pedro Sánchez wenig gehört haben. Wer also ist dieser Mann, der in Spanien unter dem Spitznamen »der schöne Pedro« bekannt wurde?

Studium und Parteibeitritt

Pedro Sánchez wurde am 29. Februar 1972 in Madrid geboren und absolvierte ab 1992 an der Madrider Universität Complutense ein BWL Studium, das er 1998 an der Freien Universität Brüssel mit einem Master der Politischen Ökonomie der Europäischen Union abschloss. 1993 trat Sánchez der spanischen sozialistischen Partei PSOE bei. 1998 wurde er Mitarbeiter der spanischen Europa-Abgeordneten Barbara Dührkop und später Kabinettschef des spanischen Diplomaten Carlos Westendorp, dem damaligen Hohen Repräsentanten der UN für Bosnien und Herzegowina. Sánchez spricht neben Spanisch Englisch und Französisch. Er ist mit María Begoña Gómez Fernández verheiratet, mit der er zwei Kinder hat.

2004 zog Sánchez als Nachrücker für die PSOE in den Stadtrat von Madrid ein und wurde 2007 wieder gewählt, zog aber 2009 wiederum als Nachrücker in das spanische Parlament in Madrid ein. Bei den spanischen Parlamentswahlen 2011 reichte es erneut nicht zu einem sicheren Listenplatz, so dass Sánchez einige Jahre als Wirtschaftsberater und Hochschullehrer arbeitete, bis er 2013 wieder als Nachrücker in das spanische Parlament kam.

Generalsekretär der sozialistischen Partei

Der Generalsekretär der PSOE, Alfredo Pérez Rubalcaba, erklärte 2014 seinen Rücktritt. In einer Kampfabstimmung wurde Sánchez mit mageren 49% der Stimmen zu dessen Nachfolger gewählt.

Bei den Parlamentswahlen 2015 trat Sánchez als Spitzenkandidat seiner Partei an. Für die PSOE fuhr Sánchez das bisher schlechteste Wahlergebnis ein. Durch den Einzug der neuen Parteien Podemos und Ciudadanos konnten weder Sánchez noch sein Kontrahent Rajoy von der konservativen PP eine Parlamentsmehrheit für eine Regierungsbildung zusammen bekommen.

Sechs Monate später kam es wieder zu Neuwahlen, die mit einem noch schlechteren Ergebnis für die PSOE endeten und wiederum keine Mehrheit für irgendeine Koalition ermöglichten.

Der geschäftsführende Ministerpräsident Rajoy stellte sich im spanischen Parlament zwei Mal zur Wahl, was jedes Mal mit einer 170 zu 180 Stimmen Schlappe endete.

Rechnerisch wäre nur eine Große Koalition aus PP und PSOE möglich gewesen.

Rücktritt und Wahl zum Parteivorsitzenden

Da Sánchez auf keinen Fall mit der PP zusammen eine Regierung bilden wollte, traten 17 Mitglieder des Parteivorstands der PSOE aus Protest gegen diese Haltung zurück. Auch die Partei wollte Sanchez bei seiner Blockade einer Regierungsbildung nicht folgen, woraufhin er als Generalsekretär zurücktrat.

Um eine Regierungsbildung ohne Teilnahme der PSOE zu ermöglichen, beschloss die Parteiführung am 16. Oktober 2016, sich bei der dritten Wahl Rajoys der Stimme zu enthalten, für die eine einfache Mehrheit genügte. Sánchez legte daraufhin sein Abgeordnetenmandat nieder. Er tingelte nun durch die Provinz um seine linken Anhänger und die einfachen Parteimitglieder in der PSOE für sich zu mobilisieren.

Im Februar 2017 setzte sich Sánchez bei einer Urwahl zum neuen Parteivorsitzenden mit großer Stimmenmehrheit gegen seine parteiinterne Konkurrentin Susanna Díaz, der sozialistischen Ministerpräsidentin von Andalusien, durch.

Spanischer Miniterpräsident

Eigentlich deutete nichts darauf hin, dass Sánchez mit seinen nur 84 Abgeordneten der PSOE im 350-köpfigen Parlament eine Chance haben würde, die Minderheitsregierung von Mariano Rajoy aus dem Amt zu jagen. Durch die ungeschickte und verbohrte Haltung Rajoys in der Katalonienkrise bekam Sánchez jedoch im Parlament unverhofft eine Mehrheit von 184 Stimmen hinter sich.

Nun muss er sehen, wie er in einem Parteienumfeld regieren kann, das nichts eint außer der Überzeugung, dass Rajoy weg musste, was insbesondere bedeutet, einen Haushalt durchzubringen, die Katalonienkrise zu meistern und einen Beitrag zum Zusammenhalt Europas zu leisten, während Spanien weiterhin zum Auseinanderfallen tendiert. Der immer Unterschätzte hat womöglich das Zeug dazu. Aber leicht wird es nicht: Die Basken haben gerade wieder mit einer Menschenkette von 175.000 Personen für ihre Unabhängigkeit demonstriert.

Am 11. Juni 2018 erwies sich Sánchez als guter Europäer, indem er einem privaten Schiff mit über 600 Flüchtlingen aus Libyen die Landung in Valencia erlaubte, die Italien und Malta vorher abgelehnt hatten.

Verfasst am 13. Juni 2018
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