»Mastergate« – Skandal um die Vergabe von Hochschulabschlüssen

Die Zeiten, in denen spanische Politiker einfach ein paar Millionen aus den öffentlichen Haushalten auf ihre Privatkonten abzweigten oder für politische Gefälligkeiten die Hand aufhielten, sind vielleicht vorbei. Stattdessen machen sich jetzt in Spaniens politischer Klasse Verleumdungen, Lügen und Halbwahrheiten breit.

PP und Ciadudanos sind noch nicht darüber hinweggekommen, dass ihnen Mitte 2018 der Sozialist Pedro Sánchez durch ein konstruktives Misstrauensvotum des spanischen Parlaments die Regierungspfründe entrissen hat. Das ganze Debakel der PP begann im April 2018 mit dem tränenreichen Rücktritt der PP Politikerin Cristina Cifuentes, der Regionalpräsidentin der autonomen Region Madrid, die bei ihrem Masterabschluss an der Madrider Universität von Juan Carlos (URJC) geschummelt hatte.

Zunächst versuchte Cifuentes, das Malheur mit Verweis auf ihre politische Immunität auszusitzen. Dann jedoch wurde ein Video veröffentlicht, das zeigte, wie Cifuentes in einem Eroski Supermarkt zwei Döschen Olay Faltencreme ohne Bezahlung mitgehen ließ. So musste sie nach vier Monaten unter dem starken öffentlichen Druck doch noch zurücktreten und ihren Traum begraben, Nachfolgerin des später zurückgetretenen PP Parteichefs Mariano Rajoy zu werden.

Der Fall Cifuentes ermutigte die Medien, bei der URJC mal etwas genauer hinzusehen. Schnell wurde klar, dass sich noch weitere Politiker und Wirtschaftsführer bei der URJC akademische Titel besorgt hatten, ohne wirklich ein Studium durch ein Examen abzuschließen.

Ausgerechnet bei Pablo Casado, dem frisch gewählten neuen Parteivorsitzenden der PP wurden die Journalisten als nächstes fündig. Casado machte sich sogar noch öffentlich lustig über seinen unzureichenden Master-Abschluss von der URJC. Schließlich genoss auch Casado politische Immunität, und seinen Anhängern war es herzlich egal, was er in seinen Lebenslauf hinein geschrieben hatte. Die Angelegenheit landete trotzdem vor dem obersten Gerichtshof, der den Fall umgehend mit seiner konservativen Mehrheit von 4 zu 1 Richterstimmen niederschlug. Aber das öffentliche Ansehen der Parteien steuerte bereits auf einen Tiefpunkt zu.

Als nächstes erwischte es die PSOE, deren Regierung im Sommer mit der Rekordzahl von elf weiblichen Ministern (von 17) angetreten war. Die Gesundheitsministerin Carmen Montón hatte ebenfalls ihren Titel unrechtmäßig von der URJC bezogen und trat umgehend von ihrem Ministeramt zurück.

Von dieser unerwarteten Wendung ermutigt, behauptete nun Casado, Pedro Sánchez hätte gleichfalls bei seinem Master-Titel – allerdings an einer anderen Universität – geschummelt. Als sich diese Anschuldigung als unhaltbar herausstellte, behauptete Casado flugs, dann habe Sánchez eben viele Passagen aus einem Buch abgeschrieben, das Sánchez bereits früher veröffentlicht hatte. Die konservativen Medien bauschten diese halbseidene Behauptung auf, um Sánchez unter Druck zu setzen.

Als nächstes kam heraus, dass Alberto Rivera, der Parteiführer der Ciudadanos, klammheimlich seinen Lebenslauf abgeändert hatte. Scheinheilig behauptete Rivera nun, er studiere immer noch, um einen Masterabschluss zu erlangen.

Der einzige politische Führer, der bisher von dieser Hexenjagd verschont blieb, ist ein nerviger Bursche mit Pferdeschwanz namens Pablo Iglesias, der Generalsekretär von Podemos. Weil er an einer Universität als Dozent angestellt ist, und für seinen Doktortitel in Verwaltungswissenschaften sogar einen Preis erhielt, hat er es nicht nötig, einen Master-Titel zu kaufen. Allerdings ist auch Iglesias nicht unumstritten. Es kam nämlich heraus, dass er mit Irene Monteros liiert ist, der Podemos-Sprecherin im Parlament.

Da die Beiden Zwillinge erwarteten, kauften sie sich für 600.000 Euro eine Luxusvilla mit Swimmingpool. Das wäre keine Erwähnung wert, wenn Iglesias nicht im Jahre 2012 dem damaligen konservativen Wirtschaftsminister de Guindos vorgeworfen hätte, für 600.000 Euro eine Luxusvilla gekauft zu haben. In einer Mitgliederbefragung stimmten 68% der Teilnehmer dafür, dass Iglesias seine politischen Ämter behalten darf. An der Abstimmung hatten allerdings nur 190.000 der 500.000 Parteimitglieder von Podemos teilgenommen.

Als die Journalisten bei der URJC noch tiefer gruben entdeckten sie, dass die URJC 500 italienischen Ingenieuren Diplome verkauft hatte zu je 11.000 Euro! Derzeit läuft zu diesem Tatvorwurf eine interne Untersuchung der Madrider Universität. Ist es unangebracht, bei dieser Nachricht an die eingestürzte Brücke in Genua zu denken, bei der 43 Menschen zu Tode kamen und durch den die Stadt Genua für mehrere Jahre einem Verkehrskollaps ausgeliefert wurde?

Fake News? Sogar die US Republikaner wären vermutlich beeindruckt, hätten sie den Skandal im fernen Spanien je zur Kenntnis genommen.

Verfasst am 19. Oktober 2018
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