Coria del Rio – Japaner in Andalusien

Coria del Rio liegt 25 km südöstlich von Sevilla am Unterlauf des Flusses Guadalquivir. Der Legende nach soll der Apostel Johannes dort gelandet sein, um den Spaniern das Evangelium zu bringen. Später kamen die Wikinger und attackierten von Coria aus Sevilla. In der Zeit der großen kolonialen Entdeckungen hatte die Stadt eine gewisse Bedeutung, weil der Haupthafen von Sevilla durch die vielen aus Amerika und Ostasien ankommenden Schiffe oft verstopft war und daher viele Schiffe in Coria del Rio auf ihre Einfahrt warten mussten oder gleich ihre Ladung dort löschten. Blas Infante, der in Casares geborene Begründer des modernen Andalusien, errichtete in der Kleinstadt seine Residenz. Sie ist heute ein Museum.

Der Kult um die Heilige Jungfrau von Rociero wird besonders in Coria zelebriert. Zur Wallfahrt setzen viele Kutschen auf Barken über den Fluss Guadalquivir, um den Umweg durch Sevilla zu vermeiden.

Die Einwohner von Coria del Rio nennt man Corianer. Das hat offensichtlich nichts mit Koreanern zu tun. Hingegen heißen 650 der 30.000 Einwohner mit Familiennamen »Japón«, also Japan. Die Stadt hat ein Museum namens Sendai-Haus und die Menschen trinken zum Dessert Reiswein a la Coria, vor allem während ihrer jährlichen Japan-Woche. Und einige Einwohner haben sogar leicht japanische Gesichtszüge. Den Spaniern könnte das jetzt »chinesisch« vorkommen, denn so lautet die Redewendung der Spanier, während uns Deutschen so etwas »spanisch vorkommt«.

Wenn während der Kolonialzeit Menschen aus den fernen Kolonien in Europa auftauchten, handelte es sich in der Regel um Exoten, die der europäischen Bevölkerung im Zoo zur Schau gestellt wurden, oder um Dolmetscher. Mit den Japanern verlief das anders.

Date Masamune, der Daimyo (Fürst) von Sendai im Nordosten der japanischen Hauptinsel Honshu, schickte am 28. Oktober 1613 den Samurai Hasekura Tsunenaga als japanischen Gesandten nach Mexiko und Europa. Hasekura wurde begleitet von 30 bewaffneten Samurai und dem Spanier Luis Sotelo als Dolmetscher. Damals stand Japan unter dem Einfluss der Portugiesen. Tsunenaga sollte spanische Mönche anheuern, um das Christentum nach Japan zu bringen, als Gegengewicht zu den portugiesischen Mönchen, und um eine spanische Handelsverbindung nach Japan zu etablieren. Die Spanier hatten damals ihren Stützpunkt im Fernen Osten in Manila auf den Philippinen. Der Bau der Galeone »Date Maru« für die Keicho-Gesandtschaft um Hasekura dauerte nur 45 Tage. Von Mexiko (damals »Neu-Spanien«) reiste Hasekura mit einem anderen Schiff nach Spanien weiter. Die Spanier erklärten sich für nicht zuständig und schickten ihn weiter zu Papst Paul V. nach Rom. Die meisten seiner japanischen Begleiter ließ Hasekura in Coria del Rio zurück. Unterwegs wurde er getauft und nahm den Namen Felipe Francisco Hasekura an. Als Hasekura nach sieben Jahren aus Rom zurückkehrte, hatten sich die zurückgelassenen Japaner bereits mit der spanischen Bevölkerung vermischt. Nicht alle Japaner begleiteten Hasekura zurück nach Japan. Da die Nachnamen der in Coria zurück gebliebenen Japaner für die Spanier zu kompliziert waren, erhielten sie 20 Jahre später einfach alle den Nachnamen »Japón«.

Als Hasekura 1620 wieder japanischen Boden betrat, hatte sich sein Heimatland in der Zwischenzeit grundlegend verändert. Das Tokugawa-Shogunat hatte eine Politik der Ausrottung des Christentums eingeleitet und begann sich nach außen zu isolieren. Die Christenverfolgungen führten dazu, dass die angestrebten Handelsabkommen sich in Luft auflösten. Hasekura Tsunenaga verstarb im Jahr 1622 im Alter von 51 Jahren.

Seit 1992 steht in der Kleinstadt eine von Japan gespendete Statue von Hasekura Tsunenaga. Der damalige japanische Kronprinz und heutige Kaiser Naruhito besuchte im Jahr 2013 Coria del Rio zur Feier der 400-jährigen Beziehungen und pflanzte neben der Statue einen Kirschbaum.

Verfasst am 18. Mai 2023
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Kommentare

Geschrieben von Thomas Hommel am 28. Mai 2023

Sehr guter Artikel, ich hoffe, dass ich in Zukunft mehr Artikel wie diesen lesen werde.

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