Spaniens Rolle im Zweiten Weltkrieg

Offiziell hat sich Spanien aus dem Zweiten Weltkrieg herausgehalten und zur Neutralität verpflichtet. Tatsächlich jedoch ist sein Kriegsbeitrag auf Seiten der Achsenmächte viel größer als wir es in unseren Geschichtsbüchern lernen.
Spaniens Zweiter Weltkrieg
Oktober 1940: Heinrich Himmler ist zu Besuch bei Staatschef Franco in Spanien ( © Bundesarchiv, Bild 183-L15327 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE )

Franco verletzte heimlich die spanische Neutralität

Offiziell hat sich Spanien aus dem Zweiten Weltkrieg herausgehalten und zur Neutralität verpflichtet. Tatsächlich jedoch ist sein Kriegsbeitrag aufseiten der Achsenmächte viel größer, als wir es in unseren Geschichtsbüchern lernen.

Am 1. April 1939 erklärte der spanische Diktator Francisco Franco den Spanischen Bürgerkrieg für beendet. Am 7. April 1939 kündigte er den Beitritt Spaniens zum Antikominternpakt zwischen dem Deutschen Reich, dem Königreich Italien und dem Kaiserreich Japan an. Am nächsten Tag verkündete er den Austritt Spaniens aus dem Völkerbund. Franco war empört über den Hitler-Stalin-Pakt, der am 24. August 1939 unterzeichnet wurde. Er klagte: »Jetzt sind wir Verbündete der Russen«. Am Tag des deutschen Angriffs auf Polen verkündete Franco die Neutralität Spaniens und begründete das mit der schlechten wirtschaftlichen Lage, dem desolaten Zustand des spanischen Heeres sowie mit dem Mangel an Panzern und Flugzeugen.

Admiral Canaris, der Chef der deutschen Nachrichtendienste, riet Franco in einem vertraulichen Gespräch davon ab, auf der Seite von Deutschland in den 2. Weltkrieg einzutreten. Die Briten hatten zahlreiche Spione in Spanien, die die Einhaltung der Neutralität kontrollierten. Die britische Regierung hatte Franco nachdrücklich gewarnt, dass eine spanische Kriegsbeteiligung unweigerlich zum Einmarsch der Briten führen würde.

Als aber die Luftschlacht gegen England scheiterte, wollte Hitler Franco unbedingt zum Kriegseintritt bewegen. Am 23. Oktober 1940 verhandelten Hitler und Franco persönlich im französischen Seebad Hendaye. Franco weigerte sich, deutsche Truppen in sein Land zu lassen, denn fremde Truppen auf spanischem Territorium seien mit der Souveränität Spaniens nicht vereinbar. Nach dem Treffen soll Hitler gesagt haben, er ließe sich lieber mehrere Zähne ziehen, als noch einmal mit Franco zu verhandeln.

Die enge Verbindung zwischen Spanien und dem nationalsozialistischen Deutschland bestand jedoch weiterhin fort. 1941 entsandte Franco einen Freiwilligenverband, die spanische »Blaue Division«, um Deutschland im Krieg gegen die Sowjetunion zu unterstützen. Einen formalen Kriegseintritt Spaniens lehnte Franco aber weiter ab. Öffentlich unterstützte Franco die Repressalien Hitlers gegen die Juden, schützte diese jedoch in Marokko und lieferte keine spanischen Juden an Deutschland aus. Spanien war unter den neutralen Ländern sogar dasjenige, welches während des 2. Weltkriegs die meisten Juden aufgenommen hat.

Ein spanischer Spion im Zweiten Weltkrieg

Angel Alcázar de Velasco war ein professioneller spanischer Stierkämpfer, Mitglied von Francos Falange Partei und Judenhasser. Mit 32 Jahren musste er wegen einer Verletzung den Stierkampf aufgeben. Er studierte Literatur und Philosophie an der Universität Salamanca und war ein Anhänger der schwarzen Magie und der Astrologie. 1934 lernte er Werner Oberbiel kennen, einen Führer der Hitlerjugend und Mitarbeiter der deutschen Spionageabwehr von Admiral Canaris. Oberbiel teilte die seltsamen Hobbys von Velasco und lockte ihn nach Berlin, wo der Spanier eine professionelle Spionage-Ausbildung durchlief. 1940 wurde Velasco von Franco in Absprache mit Oberbiel an die spanische Botschaft in London versetzt.

Der britische Botschafter in Spanien hatte durchaus ein realistisches Gefühl dafür, dass die spanische Botschaft in London als Spionagenest für die Nazis dienen könnte. Aber er wusste, dass Velasco 1937 von Franco zum Tode verurteilt worden war, weil Velasco sich dagegen gewehrt hatte, dass Franco als »Caudillo« alle Macht an sich gerissen und die Falange zu einer Statistengruppe degradiert hatte. Während Velasco im Gefängnis auf seinen Tod wartete, war es zu einem versuchten Gefangenenausbruch gekommen, den Velasco als überzeugter Falangist verhinderte. Als Franco davon hörte, hatte er Velasco begnadigt. So konnte Velasco das britische Außenministerium überzeugen, er sei eigentlich ein spanischer Widerstandskämpfer, dem ein Gefängnisausbruch gelungen sei und der die Beseitigung von Franco plante. Velasco zog in Großbritannien ein Spionagenetz aus unzufriedenen Schotten, Walisern und Nordiren auf, das während der Luftschlacht um England die Nazis mit Informationen versorgte, welche Luftangriffe zu tatsächlichen Zerstörungen geführt hatten. Auch sollten die Spanier herausfinden, wie man die britische Festung Gibraltar einnehmen könnte. Aber bald kam ihm der britische Geheimdienst MI5 auf die Schliche. Mitte 1942 drangen britische Agenten in die Madrider Wohnung von Velasco ein und fanden Indizien, dass der Spanier für die Deutschen spionierte.

Nachdem die Japaner im Dezember 1941 Pearl Harbor überfallen und Hitler daraufhin den USA den Krieg erklärt hatten, wurde Velasco 1942 an die spanische Botschaft in Washington versetzt. Dort zog er das Spionagenetzwerk TO auf, das den Japanern und den Deutschen meldete, welche Schiffsverbände die USA in den Atlantik und den Pazifik entsandten. Mit diesen Informationen konnten die deutschen U-Boote anfangs den amerikanischen Schiffen große Verluste zufügen. General Franco hatte sich ausbedungen, dass Velasco ihn über alle Erkenntnisse informierte, die er in den USA für die Japaner und die Deutschen sammelte.

Er drängte Velasco einen Agenten namens Kobbe auf, der an der kanadischen Pazifikküste für die Japaner spionieren sollte. Kobbe geriet Ende 1943 in die Fänge des kanadischen und des US-Geheimdienstes. Kobbe plauderte fast alle Namen seines Netzwerks aus, darunter auch den von Velasco. Die Erkenntnisse wurden an die Briten übermittelt, die mit ihren Informationen Franco unter Druck setzten, da dies ein klarer Beweis für die Verletzung der spanischen Neutralität sei. Da sich Anfang 1944 eine Niederlage der Achsenmächte abzeichnete, erklärte sich Franco bereit, den USA nach dem Krieg Stützpunkte in Spanien zu überlassen. Velasco und seine Agenten wurden in New Orleans in ein spanisches Schiff gesetzt, das sie nach Spanien brachte. Amerikanische, britische und kanadische Agenten suchten später Velasco in seiner spanischen Wohnung auf und versuchten, ihn als Doppelagenten anzuheuern. Der lehnte ab und die alliierten Agenten drohten, ihn umzubringen, falls sie ihn jemals wieder bei Spionageaktivitäten für die Achsenmächte ertappen würden. Velasco reiste im Juli 1944 nach Deutschland. Der amerikanische Militärgeheimdienst OSS vermutete nach dem Krieg, Velasco sei damals der spanischen Blauen Division an der deutschen Ostfront beigetreten. Velasco selbst behauptete nach dem Krieg, er habe den Top-Nazi Martin Bormann in einem U-Boot nach Argentinien gebracht. Am wahrscheinlichsten ist die Version der spanischen Wikipedia, dass Velasco sich in Deutschland in den Dienst der SS stellte und dabei half, ausländische Agenten und deutsche Widerstandskämpfer auszuschalten, die die deutsche Spionageabwehr unterwandert hatten.

Im Dezember 1942 begannen die USA das Manhattan-Projekt zum Bau einer Atombombe. Dem italienischen Physiker Fermi, der für das Projekt arbeitete, war die erste kontrollierte atomare Kettenreaktion geglückt. Den spanischen Spionen fiel auf, dass die Amerikaner schlagartig aufgehört hatten, mit der Fachwelt ihre physikalischen Erkenntnisse in der Atomforschung zu teilen. Die amerikanische Geheimhaltung für das Projekt funktionierte allerdings nicht perfekt. Als Velasco erfuhr, dass da etwas im Gange war, ließ er seine Agenten mit Geigerzählern durch die Wüste bei Los Alamos in Neu Mexiko streifen, wo sie radioaktive Proben von Versuchsexplosionen sammelten. Sie trafen sich mit japanischen Agenten in Mexiko, die die Proben und Informationen über ihr Agenten-Netzwerk in Chile und Argentinien nach Japan schickten. In Argentinien arbeitete Juan Perón als Vermittler des Funkverkehrs nach Japan. Die Japaner zahlten ihm für seine Vermittlungsdienste eine Menge Geld, das er in den Wahlkampf investierte, die 1946 zu seiner Wahl zum Präsidenten Argentiniens führte.

Die Japaner waren sich seit 1943 aufgrund der spanischen Funde in New Mexico sicher, dass die USA an einer Atomwaffe arbeiteten. 1943 lancierte Velasco aber auch Berichte an die Japaner, dass Deutschland versuchen würde, einen Separatfrieden mit den westlichen Alliierten zu schließen, ohne auf die Japaner Rücksicht zu nehmen. Der Hintergrund dieser Fake News bestand offenbar darin, die Japaner zu einem Angriff auf die Sowjetunion zu verleiten, was möglicherweise den Ausgang des Zweiten Weltkriegs in Europa verändert hätte. Der deutsche Außenminister Ribbentrop dementierte energisch Berichte über einen deutschen Separatfrieden.

Wie Hitler hielt auch die japanische Militärführung nicht viel von der Entwicklung einer eigenen Atomwaffe. Ob diese vor Kriegsende überhaupt einsatzbereit sein würde, war höchst unsicher, hätte aber gigantische Kosten verursacht. Beide waren mehr an neuen Waffen interessiert, die sich schnell und preiswert herstellen ließen, wie z.B. die V1-Rakete oder das Messerschmitt-Strahlenflugzeug oder Waffen mit energiereichen Strahlen. Allerdings zeigte die japanische Kriegsmarine Interesse an der kontrollierten atomaren Kettenreaktion. Da Japan kein eigenes Erdöl besaß, hoffte die Admiralität auf die Entwicklung eines nuklearen Schiffsantriebs. Durch die spanischen Berichte wurde den Japanern aber nun klar, dass die amerikanische Atombombe eine ernsthafte Bedrohung sein würde und Japan mit einer eigenen Atomwaffenentwicklung dagegen halten musste.

Japan hatte 1910 Korea annektiert. An der koreanischen Nordostküste hatte der japanische Industrielle Shitagau Noguchi 1929 drei große Flüsse aufstauen lassen, die eine Kapazität von einer Million Kilowatt Strom für den größten industriellen Komplex der Welt in Konan lieferten, einem Hafen nahe der nordkoreanischen Stadt Hamhung. Wie gewaltig das Projekt war, erkennt man daran, dass die gesamte Stromerzeugungskapazität Japans nur 3 Millionen Kilowatt umfasste. In Konan wurden im 2. Weltkrieg Sprengstoffe für das japanische Militär hergestellt. Konan lag außerhalb der Reichweite der amerikanischen B29 Langstreckenbomber. 1943 verlegten die Japaner ihr nukleares Forschungslabor von Tokio nach Konan. Nach den Meldungen der spanischen Botschaft in Washington über den Bau einer amerikanischen Atomwaffe arbeiteten die Japaner in Konan unter dem Kommando von Admiral Hideo Kasagawa nun mit Hochdruck an einer eigenen Atombombe. In Nordkorea gab es etwas Natururan für den Bau einer Bombe, sowie Cadmium, das man zum Abbremsen frei gewordener Neutronen benötigte. Die aus Wasserkraft gewonnene Elektrizität lieferte die Energie für die Uran-Anreicherung in Zentrifugen, sowie für die Gewinnung von Deuterium (Schweres Wasser), mit dem man die Kettenreaktion noch besser abbremsen konnte. Zusätzliches Uran wurde auf dem Schwarzmarkt in Shanghai aufgekauft.

Da der spanische Spionagering in Nordamerika nicht mehr existierte, bekamen die Japaner ab Mitte 1944 keine Informationen mehr, wie weit die USA mit dem Bau ihrer Atombombe vorangekommen waren.

Die Japaner planten, Kamikaze U-Boote mit nuklearen Sprengsätzen gegen die US-Truppen einzusetzen, sobald diese die japanischen Hauptinseln angreifen würden. Als im August 1945 die Sowjetunion in den Krieg gegen Japan eintrat und Nordkorea besetzte, fielen der Roten Armee die von den abrückenden Japanern nur teilweise zerstörten Anlagen von Konan und etliche japanische Atomwissenschaftler in die Hände, die sich nicht rechtzeitig nach Japan hatten absetzen können. Daher zeigte sich Stalin überhaupt nicht beeindruckt, als der amerikanische Präsident Truman ihn über den Abwurf der ersten Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki in Kenntnis setzte. Bereits 1949 verfügte die Sowjetunion offiziell über eigene Atomwaffen, erste russische Atomwaffentests werden schon für 1946 vermutet.

Zwei Tage nach dem Atombombenangriff auf Nagasaki kam Japans führender Atomwissenschaftler Dr. Yoshio Nishina in die Stadt und erkannte sofort, welche Art von Bombe dort explodiert war. Die Japaner standen kurz vor eigenen Atomwaffentests. Aber für einen japanischen Atomwaffeneinsatz war es ja nun zu spät. US-Präsident Truman war ihnen um wenige Tage zuvor gekommen, was nahe legt, dass Truman über den aktuellen Stand des japanischen Atomwaffenprojekts Kenntnis gehabt haben könnte, vermutlich weil der amerikanische Militärgeheimdienst OSS in der Lage war, den japanischen Funkverkehr zu dechiffrieren. Und die Japaner waren nicht nur die Opfer des ersten Atomwaffeneinsatzes in der Geschichte, sondern offensichtlich auch nur knapp verhinderte Täter.

In Konan bei Hamhung arbeiteten viele Koreaner. 1965 wurde das Hamhung Atomenergie-Forschungsinsitut die Keimzelle der nordkoreanischen Atomwaffen-Entwicklung, die vor allem durch zwei koreanische Physiker vorangetrieben wurde, die an der Kyoto Universität Atomphysik studiert und am japanischen Atombombenprojekt mitgearbeitet hatten: Yi Sung-ki und Yo Kyong-ku.

Der spanische Spion Angel Alcázar de Velasco hat somit zwar nicht den Ausgang des Zweiten Weltkriegs beeinflusst, sehr wohl aber den Verlauf der Weltgeschichte danach. Er starb 2001 in Madrid.

Lesetipps: Die Entwicklung der Ereignisse kannst du aus Sicht von Velasco in seiner Selbstbiografie nachlesen: »Memorias de un Agente Secreto«, Barcelona 1979. Eine objektivere Sicht, insbesondere über die weltpolitischen Auswirkungen von Velascos Agententätigkeit findest du in dem Buch »Japan's Secret War« von Robert K. Wilcox, 3. Auflage 2019.

Deutsche U-Boote auf Fuerteventura

Franco gestattete, dass der deutsche Ingenieur Gustav Winter auf der Insel Fuerteventura eine Versorgungsstation für deutsche U-Boote errichtete. Dazu wurde die Halbinsel Jandia abgesperrt. Ihre Bewohner durften erst 1950 in ihre Häuser zurückkehren. Der U-Boot Stützpunkt wurde von Zwangsarbeitern aus dem nahe gelegenen KZ Tefia in die Höhlen aus Vulkangestein einbetoniert. Von Hermann Göring erhielt Winter 2 Millionen Reichsmark (124 Millionen Euro) für den Bau.

1946 wurde über dem Stützpunkt die Villa Winter errichtet. Sie diente zum Ausschleusen von Nazi-Größen nach Südamerika. Vorher wurden diese in dem fensterlosen Haus einer kosmetischen Gesichtsoperation unterzogen. Winter stand nach dem Krieg auf einer CIA-Liste von 101 Nazi-Agenten. Franco lehnte seine Auslieferung ab. Winter starb als freier Mann auf Gran Canaria.

Als sich die Niederlage der Achsenmächte abzeichnete, wurde in Mexiko eine oppositionelle Exilregierung gegründet, die nach Kriegsende Franco stürzen und die Macht in Spanien übernehmen wollte. Die Exilregierung wurde jedoch von keinem Land anerkannt.

Die Hungerjahre

Zwischen 1939 und 1951 herrschten in Spanien große Hungersnöte. Miguel Ángel del Arco Blanco, ein Historiker der Universität Granada, schätzt die Zahl der Hungertoten auf 200.000 bis 600.000. Der Diktator Francisco Franco hatte verfügt, dass Spanien in der Lage sein müsse, sich selbst zu versorgen. Dabei war Spanien schon vor dem Krieg abhängig von amerikanischem Weizen. Durch die Unterernährung kam es zwischen 1939 und 1943 zu Typhus-Epidemien. Während des Krieges und auch in den ersten Jahren nach Kriegsende war Spanien zudem wegen seiner Nähe zu Nazi-Deutschland vom Welthandel weitgehend abgeschnitten und außenpolitisch isoliert. Wegen des Mangels an Düngemitteln sank die Produktivität der spanischen Agrarwirtschaft. Lediglich Rotwein war im Überfluss vorhanden.

Besonders schlimm war das Jahr 1946 wegen einer zusätzlichen Dürre. Die Menschen aßen alles, was irgendwie essbar erschien, einschließlich Schlangen, Ratten und Gras. In spanischen Gerichten wurden viele Zutaten durch minderwertige Ersatzstoffe substituiert. In dem Buch »Las recetas del hambre« von David Conde kannst du nachlesen, was in dieser schlimmen Zeit so auf den Tisch kam.

Eine Tortilla z.B. bestand aus diesen Zutaten: Statt Kartoffeln verwendete man das weiße Innere von Orangenschalen. Um den bitteren Geschmack zu eliminieren, wurden die Schalen vier Stunden gekocht, danach getrocknet und gesalzen. Der Ersatz für das Ei wurde zusammengerührt aus zerstoßenem Knoblauch, etwas Öl. 4 Teelöffeln Mehl, je einer Prise Salz, Soda und Pfeffer sowie 8 Teelöffeln Wasser. Das Ganze wurde dann in einer Pfanne zu einem »Omelette« gebacken.

Eicheln ersetzten Frühstücksspeck, aber auch Kaffee, »Seehecht« (Merluza) bestand aus gekochtem Reis mit zerstoßenen Fischgräten. Die Menschen lernten, jedes Teil eines Tieres zu essen. Die Popularität von Kaninchenfleisch und von Esskastanien entstand in diesen Hungerjahren. Der Mangel inspirierte Starköche zu neuen Kreationen. Benjamin Urdiain, der erste spanische Koch mit 3 Michelin-Sternen, wurde 1939 geboren. Juan Mari Arzak, der Miterfinder der Nouvelle Cuisine, 1942. Die Sitte, zu jedem Gericht Weißbrot zu reichen, ist eine Trotzreaktion auf das dunkle Brot der Hungerjahre. Man zeigt damit, dass man sich gutes Brot wieder leisten kann.

Spanien – ein Rückzugsort für europäische Nazi-Größen

José Maria Irujo, ein Investigativ-Journalist der Zeitung El País, enthüllte 2003 in seinem Buch »La Lista Negra«, dass nach dem 2. Weltkrieg mindestens 700 Nazis Unterschlupf in Francos Spanien fanden. Sie führten in Andalusien ein beschauliches Leben in bewachten Ferien-Camps, z.B. in der Nähe von Barbate, im Barranco Blanco (zwischen Mijas und Alhaurín el Grande) oder im »Camping Marbella Playa« in Marbellas schönem Stadtteil Marbesa.

Unter ihnen waren einerseits Nazi-Funktionäre, die während des Zweiten Weltkriegs in Spanien aktiv waren, wie z.B. der SS Offizier Johannes Bernhardt, der mit seiner Sofindus Holding 350 spanische Firmen kontrollierte, darunter eine Firma in Galicien, die dort Wolfram abbaute, das für die Härtung von Stahl für die deutschen Panzer verwendet wurde.

Andererseits flüchteten nach Ende des Zweiten Weltkriegs viele Nazis nach Spanien, wo Franco, aber sogar noch dessen Nachfolger, ihnen aus alter Verbundenheit mit Hitler-Deutschland während des Spanischen Bürgerkriegs eine komfortable Zuflucht boten.

Der bekannteste Flüchtling unter ihnen ist Otto Remer, der die Militärrevolte in Berlin nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 vereitelte. Remer war damals Major und als Wachkommandant in Berlin für den Schutz der Regierung zuständig. Er hatte von den aufständischen Generälen die Aufgabe bekommen, die Verhaftung von Goebbels und anderen Nazi-Größen zu organisieren, hatte aber zuerst mit dem Führer-Hauptquartier in der Wolfsschanze telefoniert und von Hitler persönlich erfahren, dass der das Attentat überlebt hatte. Daraufhin verhaftete Remer die Aufständischen im Bendlerblock wegen Hochverrats. 1945 wurde Remer einer der jüngsten Nazi-Generale und blieb auch nach dem Krieg ein glühender Nazi, der dafür mehrfach in Deutschland ins Gefängnis kam. Als er 1990 wegen Leugnung des Holocaust erneut verhaftet werden sollte, floh er nach Spanien, wo er 1997 in Marbellas Stadtteil Elviria friedlich verstarb. Weil Holocaust Leugnung in Spanien kein Straftatbestand ist, lieferte die spanische Regierung Remer nicht an die deutsche Justiz aus.

Weitere prominente »Nazi-Urlauber«:

  • Der SS-Arzt Aribert Heim war als »Dr. Death« im österreichischen KZ Mauthausen berüchtigt. Er nahm dort bestialische medizinische Versuche an KZ-Häftlingen vor und lebte nach dem Krieg unbehelligt in Baden-Württemberg. 1962 entzog er sich der drohenden Verhaftung durch Flucht nach Andalusien.
  • Der Belgier Leon Degrelle kommandierte als SS Sturmbannführer die wallonische Freiwilligen-Legion an der Ostfront. Er landete bei Kriegsende mit einem Flugzeug in San Sebastián, gründete dort eine Baufirma und erhielt 1954 unter dem neuen Namen León José de Ramirez die spanische Staatsangehörigkeit. Ein Entführungsversuch durch Antifaschisten scheiterte. Er lebte bis zu seinem Tod 1997 wohlhabend in Madrid und Málaga.
  • Frederic Jensen, ein norwegischer SS-Obersturmführer, entzog sich seiner Verhaftung nach Marbella, wo er 1999 in der Urbanización Los Belvederes im Stadtteil Puerto Banús entdeckt wurde, einer Hochburg skandinavischer Residenten. Er hatte dort seit 30 Jahren mit seiner schwedischen Ehefrau gelebt.

Von Wolfgang Zöllner

Foto: Bundesarchiv, Bild 183-L15327 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

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