Die Juden im Spanischen Bürgerkrieg

In den Internationalen Brigaden, die auf der Seite der linken Volksfrontregierung gegen Franco kämpfen, stellen die Juden nach den Franzosen die zweitgrößte Volksgruppe. Allerdings tauchen sie in keiner Statistik auf und es gibt auch keine Brigade und kein Bataillon, das hauptsächlich von Juden gebildet wird.
Juden Spanischer Bürgerkrieg
Straßenkämpfe während des Spanischen Bürgerkriegs ( Everett Historical / Shutterstock.com )

Kampf gegen den Faschismus

Der Grund dafür ist, dass die Juden keinen eigenen Staat besitzen, sondern sich in praktisch allen nationalen Kontingenten befinden, die sich auf der Seite der Volksfront am Spanischen Bürgerkrieg beteiligen. Oder wie es der kanadische jüdischer Kriegsteilnehmer Peter Frye ausdrückt: „Jeder Jude hat das Recht auf ein Heimatland, aus dem er fliehen kann“.

Der hohe Anteil der Juden in den Internationalen Brigaden ist für die Nazis ein gefundenes Fressen, da er ihnen als Vorwand dient, den Propagandamythos von der jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung zu verkünden, der sich aufgemacht habe, die germanische Rasse zu vernichten.

Dem jüdischen Kriegsteilnehmer Arno Lustiger ist es in seinem Buch „Schalom Libertad“ gelungen, die Rolle der Juden im Spanischen Bürgerkrieg lebendig werden zu lassen. Die Juden haben von allen internationalen Freiwilligen, die der bedrängten spanischen Volksfrontregierung zu Hilfe eilen, die größte Motivation, sich am Krieg gegen den Faschismus zu beteiligen. Denn die Nazi-Propaganda verhöhnt auch den „feigen Juden“, der sich in Deutschland jede schlechte Behandlung gefallen lässt und sich nicht wehrt. In Spanien können die Juden beweisen, dass sie bereit und in der Lage sind, sich mit der Waffe gegen den Faschismus zu wenden.

Die jüdischen Kriegsteilnehmer sind untereinander uneins, ob sie sich als eigene Volksgruppe präsentieren oder in den nationalen Verbänden ihrer jeweiligen Heimatländer mitkämpfen sollen. Die Mehrzahl entscheidet sich, als Amerikaner, Russen, Deutsche, Polen usw. in den Krieg zu ziehen. Viele von ihnen haben gar nicht mitbekommen, dass es einigen Juden im Lauf des Krieges gelungen ist, zwar kein eigenes jüdisches Bataillon zu gründen, wohl aber die 2.Kompanie innerhalb des Palafox Bataillons der polnischen XIII. Dombrowski-Brigade. Diese rein jüdische Kompanie wird am 12. Dezember 1937 nach Naftali Botwin benannt, einem jüdischen Aktivisten der polnischen Arbeiterbewegung, der 1925 einen polnischen Polizeispitzel erschossen hatte.

Spanien ist auch deshalb ein gutes Fluchtziel für Juden, weil die spanische Regierung 1933 die Verbannung der Juden in Spanien (den so genannten Sepharden) aufgehoben hat, die von den katholischen Königen im 1492 angeordnet und durchgesetzt worden war. Den zwei Millionen sephardischen Juden in aller Welt wird die spanische Staatsbürgerschaft angeboten. Die republikanische Regierung plant sogar, Juden gezielt in Spanien anzusiedeln, sobald der Spanische Bürgerkrieg gewonnen sei. Sepharden leben vor allem in der Türkei, Bulgarien, Ägypten, Jugoslawien, Syrien und dem Libanon.

Bei Ausbruch des Bürgerkriegs leben 6.000 Juden in Spanien, davon 5.000 in Barcelona. Als die Anarchisten anfangen, Kirchen niederzubrennen und Nonnen und Priester zu drangsalieren, flüchten die wohlhabenderen Juden ins Ausland, so dass im Herbst 1936 noch rund 500 Juden in Barcelona leben. Nach dem Bürgerkrieg sind es nur noch 100. Franco setzt das Vertreibungsgesetz von 1492 wieder in Kraft und verbietet die rituelle Beschneidung. Die muslimischen Söldner Francos dürfen hingegen ihre Söhne weiterhin beschneiden. Die Synagogen werden geschlossen und die jüdischen Kinder müssen am katholischen Religionsunterricht teilnehmen.

Man kann vier Gruppen von jüdischen Kriegsteilnehmern unterscheiden

Die USA und die Sowjetunion schicken vor allem die jüdische Elite des jeweiligen Landes. Über die Karriere des russischen Juden und Panzer-Generals Kriwoschein hatte ich bereits in dem Beitrag über die Sowjetunion berichtet. Jüdische Ärzte aus den USA sind an der Einrichtung und dem Betrieb des Sanitätswesens auf Seiten der spanischen Volksfrontarmee an führender Stelle tätig. Viele Kommandeure der amerikanischen Lincoln- und Washington- Bataillone sind ebenfalls Juden, obwohl die meisten jüdischen Amerikaner keinerlei Kriegserfahrung besitzen.

Vom Balkan und aus den osteuropäischen Ländern beteiligen sich mehrheitlich jüdische Arbeiter und Bauern, die in ihren Heimatländern Pogromen und Unterdrückung ausgesetzt sind und denen insbesondere eine gute Ausbildung oder der Aufstieg in Wirtschaft und Verwaltung verwehrt wird.

Neben 43.000 aus Osteuropa stammenden askenasischen Juden leben 1936 in Jugoslawien auch noch 29.000 aus Spanien und Portugal stammende sephardische Juden. Viele der jüdischen Spanienkämpfer aus Jugoslawien sprechen das dem Russischen verwandte Serbokroatisch und außerdem „Ladino“, das spanische Jiddisch. Die sowjetischen Militärberater in Spanien sind dringend auf Dolmetscher angewiesen und die jugoslawischen Sepharden beherrschen die benötigte seltene Sprachkombination Russisch und Spanisch.

Die jüdischen Freiwilligen aus Deutschland, Italien und Österreich sind der direkten Repression durch ihre faschistischen Regierungen ausgesetzt und haben sich entschlossen, in Spanien mit der Waffe gegen ihre Unterdrücker zu kämpfen.

In einem Nachruf der Frontzeitung der Internationalen Brigaden Voluntario de la Libertad heißt es über den am 4. Juli 1937 gefallenen jüdischen Kompanieführer Dr. Friedl Kassowitz: „Und als die faschistischen Barbaren, nachdem sie das eigene Volk geknechtet, das herrliche spanische Volk überfielen und damit den deutschen Namen schändeten, bist du, der Jude, herbeigeeilt, um als wahrer Deutscher und Antifaschist den deutschen Namen unter den anderen Völkern wieder zu Ehren zu bringen.“

Wie der Abschlussbericht eines leitenden SS-Offiziers zum Verhör des 1942 in Holland verhafteten jüdischen deutschen Spanienkämpfers Georg Hornstein zeigt, nehmen die Nazis die jüdischen Spanienkämpfer als Gegner durchaus ernst: „Bei Hornstein handelt es sich um einen intellektuellen Juden, der in Erkenntnis der Lage des Judentums in Europa alles auf eine Karte setzt und aus rein egoistischen Motiven handelt. Nunmehr restlos in seiner Handlungsfreiheit beschränkt, ist er ein fanatischer Gegner des nationalsozialistischen Deutschlands und bedeutet eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, so dass seine Unterbringung in ein Konzentrationslager angebracht ist.“

Der ungarische Jude Theodor Herzl hatte 1895 die zionistische Bewegung begründet und mit seinem Buch „Der Judenstaat“ den Startschuss dafür gegeben, dass Juden aus aller Welt nach Palästina auswanderten um dort einen eigenen jüdischen Staat „Eretz Israel“ zu gründen. Palästina ist 1936 noch britisches Mandatsgebiet. Die eingewanderten Juden leiden nicht nur unter der Repression durch die britische Polizei, sondern werden auch von den dort ansässigen Palästinensern unter Führung des Groß-Muftis von Jerusalem bekämpft. Zudem bekämpfen sich innerhalb der zionistischen Gemeinde die Mitglieder der Moskau treuen Kommunisten und der sozialistischen „Hagana“. Denn die KP der Sowjetunion hat befohlen – und werden dabei von den Nazi-Agenten in Palästina bestärkt - dass die kommunistischen Juden in Palästina die Araber in ihrem Befreiungskampf gegen die zionistischen Eindringlinge und gegen die britischen Imperialisten unterstützen müssen. Einige Juden entziehen sich dem vielfachen Druck durch ein Ausweichen auf das spanische Schlachtfeld. Andere wiederum wollen in Spanien ihre in Palästina gestärkte Militanz im Kampf gegen den Faschismus in Europa unter Beweis stellen. Insgesamt ziehen ca. 300 Juden aus Palästina in den Spanischen Bürgerkrieg. Da die meisten von ihnen britisch-palästinensische Pässe haben, können sie nach dem Sieg Francos nach Palästina zurückkehren. Auch die britischen, kanadischen, US-amerikanischen und sowjetischen Juden können nach Hause, während die Juden aus Osteuropa, Deutschland, Österreich und Italien in Internierungslagern in Frankreich zusammengepfercht werden. Viele von ihnen landen 1940 nach der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht in deutschen und österreichischen Konzentrationslagern.

In den Internationalen Brigaden kämpfen nach jüdischen Schätzungen auf Seiten der Volksfrontregierung ca. 7.800 Juden aus aller Welt, darunter 2250 aus Polen, 1236 aus USA, 1036 aus Frankreich, 500 aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, 267 aus Palästina und 53 aus der Sowjetunion. Eine Akte von 1939 aus dem Archiv des spanischen Außenministeriums nennt eine Zahl von 6.000 jüdischen Freiwilligen.

Dr. Frantisek Kriegel

Ein besonders eindrucksvoller Lebenslauf ist dem jüdischen Spanienkämpfer Dr. Frantisek Kriegel beschieden. Er wird 1908 als Sohn einer armen jüdischen Familie in Ostpolen geboren und studiert 1926 in Prag Medizin. Dort tritt er der tschechischen KP bei. Bei Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs gehört Kriegel zu den ersten Freiwilligen und ist bereits im Dezember 1936 Frontarzt in der Schlacht um Madrid. Kurz darauf wird er Chefarzt der 45. Division. Nach Auflösung der Internationalen Brigaden 1939 kann er nicht in die Tschechoslowakei zurückkehren und wird im französischen Lager Gurs interniert.

Im Sommer 1939 sammelt das norwegische Spanienhilfskomitee in Frankreich Medikamente für das chinesische Rote Kreuz und sucht Ärzte für den Krieg in China. Dort wüten zu der Zeit die japanischen Besatzer gegen die Truppen des chinesischen Generals Tschiang Kai-Tschek. Zusammen mit zwanzig anderen Ärzten fährt Dr. Kriegel mit einem Schiff von Marseille nach Hongkong und organisiert den Sanitätsdienst der chinesischen Armee an der Hunan-Front. Da Waffen und Sanitätsmaterial für die Chinesen nur noch über Burma geliefert werden können, wirkt Dr. Kriegel 1943 als unter amerikanischem Dienstvertrag stehender Truppenarzt in Burma. 1945 kehrt er nach Prag zurück und wird dort 1949 stellvertretender Gesundheitsminister. Zu Beginn der großen kommunistischen Schauprozesse wird er 1952 fristlos entlassen. 1958 wird Dr. Kriegel rehabilitiert und baut den Gesundheitsdienst in Kuba auf.

1964 wird er Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses der tschechoslowakischen KP und als enger Mitstreiter des Reformers Alexander Dubcek Mitglied des KP Präsidiums, das den Prager Frühling einläutet, einen Kommunismus mit menschlichem Antlitz und demokratischen Standards. Nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts wird die gesamte tschechoslowakische Staatsführung gewaltsam nach Moskau gebracht und soll dort einen Unterwerfungsvertrag unterzeichnen. Dr. Kriegel verweigert als Einziger die Unterschrift und soll daher in der Sowjetunion bleiben und bestraft werden. Dubcek und Staatspräsident Swoboda wollen keinesfalls ohne Dr. Kregel nach Prag zurückzukehren, und dürfen ihn schließlich mitnehmen. Kurz darauf wird Dr. Kregel aus der KP ausgeschlossen und als Arzt entlassen. Auf seine Frau wird am helllichten Tag ein missglückter Mordanschlag verübt.

Dr. Kriegel gehört neben dem Dichter und späteren ersten frei gewählten tschechoslowakischen Präsidenten Vaclav Havel zu den prominentesten Unterzeichnern der Charta 77, die sich gegen die Verletzung der in der Helsinki-Akte garantierten Menschenrechte in der Tschechoslowakei wendet. Zu seinem 70. Geburtstag erhält Dr. Kriegel keine Reisegenehmigung nach Spanien, wohin ihn die spanische KP eingeladen hat. Aber das tschechoslowakische Volk feiert seinen Geburtstag. Auch ein Vertreter des Regimes gratuliert: „Aus Anlaß des 70. Geburtstags wünsche ich das Schlimmste. Es ist schwer zu glauben, dass ein jüdisches Schwein so lange stinken kann.“

Dr. Frantisek Kriegel stirbt am 2. Dezember 1979 in Prag. Das tschechoslowakische Regime verbietet seine Beerdigung. Sein Körper wird an einem unbekannten Ort eingeäschert.

Max Friedemann

Der deutsche Diplomingenieur Max Friedemann muss als Jude und Kommunist Deutschland 1934 verlassen und emigriert nach Spanien. 1936 ist er leitendes Mitglied des Organisationskomitees für die Arbeiterolympiade in Barcelona, die wegen des beginnenden Bürgerkriegs ausfällt. In den ersten Stunden des Krieges beteiligt sich Friedemann an den Straßenkämpfen in Barcelona. Im Februar 1937 wird er beauftragt, eine Schule für das Nachrichtenwesen in Albacete aufzubauen und wird stellvertretender Kommandeur für das Nachrichtenwesen der spanischen Armee.

Nach dem Ende des Bürgerkriegs wird Friedemann in französischen Internierungslagern festgehalten. 1941 kann er fliehen und schließt sich der französischen Résistance an. 1945 kehrt er nach Ost-Berlin zurück und wird Staatssekretär im Ministerium für das Berg- und Hüttenwesen sowie später Handelsattaché an der DDR Botschaft in Peking. Als ehemaligem Spanienkämpfer sind ihm allerhöchste Staatsämter jedoch versagt. Friedemann stirbt als überzeugter Kommunist am 10.November 1986 und erhält von der DDR Regierung eine würdevolle Trauerfeier.

Artur Kowalski

Artur Kowalski wird 1911 im polnischen Lodsch geboren. Nach dem Abitur wird er Mitglied der polnischen KP, wird mehrmals verhaftet und landet schließlich in Paris. Er meldet sich 1936 sofort als Freiwilliger für Spanien, darf aber nicht weg, weil er als wichtiger kommunistischer Parteikader in Paris gebraucht wird. Erst im November 1937 kann er in den Krieg nach Spanien ziehen. Nach der Auflösung der Internationalen Brigaden 1938 kommt er in ein französisches Internierungslager. Nachdem der Hitler-Stalin Pakt in Kraft tritt, fordert die französische KP die internierten Spanienkämpfer auf, sich freiwillig zur Zwangsarbeit nach Deutschland zu melden. Die Mitglieder der illegalen deutschen KP würden helfen, die Spanienkämpfer aus Deutschland in ihre Heimatländer zu schmuggeln. Allerdings sind Juden von den Deutschen als Arbeitskräfte nicht erwünscht. Kowalski soll sich trotzdem melden, weil er einen polnischen Namen trägt und nicht jüdisch aussieht. Kowalski soll nach zwei Tagen vor einer deutschen Ärztekommission erscheinen. Kurz vorher war ein Jude namens Goldberg, der blond und blauäugig war, wegen seiner Beschneidung als Jude entdeckt und der Gestapo übergeben worden. Kowalski berichtet: „Die Partei hatte an alles gedacht, nur nicht an die fehlende Vorhaut. Was tun? Kann die Partei die fehlende Vorhaut nachliefern?“

Da kommt der Genosse Gunzka, der schon von den Deutschen akzeptiert worden war, auf die Idee noch einmal, diesmal als „Kowalski“, vor der Ärztekommission zu erscheinen, und wird wieder akzeptiert. Erst in Deutschland merkt Kowalski, dass die Hilfe durch die deutsche KP eine leere Versprechung ist und dass die Grenze zum Generalgouvernement Polen von den Deutschen so gut bewacht wird, dass kein ehemaliger Spanienkämpfer nach Polen gelangen kann. Viele der Zwangsarbeiter aus dem Spanienkrieg kommen bei der Bombardierung des Ruhrgebiets ums Leben. Kowalski kann nach Frankreich fliehen. Von 1949 bis 1969 ist er Leiter der Abteilung für internationale Politik der polnischen Parteizeitung Trybuna Ludu in Warschau. Danach, als Korrespondent der Trybuna Ludu in Bonn, verliert Artur Kowalski den Glauben an den Kommunismus und wandert nach Kalifornien aus.

Jüdische Kriegskorrespondenten

Unter den zahlreichen sowjetischen Kriegskorrespondenten in Spanien befinden sich auch drei Juden: Frau Mirowa ist die Chefin der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS in Spanien. Michael Kolzow ist Chefkorrespondent der sowjetischen Parteizeitung Prawda und persönlicher Vertreter Stalins in Spanien. Der dritte ist Ilja Ehrenburg, der Chefkorrespondent der sowjetischen Regierungszeitung Iswestija. Von den Dreien werden Mirowa und Kolzow nach ihrer Rückkehr nach Moskau 1938 im Zuge der stalinistischen Säuberungen hingerichtet. Nur Ehrenburg überlebt, vermutlich weil er mit Ernest Hemingway befreundet ist, was Stalin sehr imponiert.

Im 2. Weltkrieg sammelt Ehrenburg als Kriegskorrespondent viele Beweise für die Gräueltaten der Deutschen an den Juden und plant 1946 die Veröffentlichung in einem „Schwarzbuch“. Stalin verbietet die Veröffentlichung, weil sie die Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion belasten könnte (Der Kalte Krieg hat ja noch nicht begonnen und die Teilung Deutschlands ist noch nicht endgültig). Ehrenburg schickt daraufhin das Manuskript an den Jüdischen Weltkongress in New York, wo es ins Hebräische und Englische übersetzt wird.

Im Januar 1953 berichtet die Prawda über die Aufdeckung eines „jüdischen Komplotts“ zur Tötung der sowjetischen Eliten. Ehrenburg wird von zwei Abgesandten Stalins aufgefordert, ein Pamphlet zu unterschreiben, in dem die Bestrafung der Juden als „Nation von Mördern in weißen Kitteln“ gefordert wird. Ehrenburg weigert sich zu unterschreiben. Am 5. März stirbt Stalin und Radio Moskau gibt am 4. April 1953 bekannt, dass die „Ärzteverschwörung“ eine Fälschung war.

General Kléber

Viele Offiziere der Internationalen Brigaden sind Juden. Zu ihnen gehört Manfed Stern, der im Spanischen Bürgerkrieg als Kommandeur der XI. Internationalen Brigade unter dem Namen „General Emilio Kléber“ bekannt wird. Manfred Stern bewundert den napoleonischen General Jean Baptiste Kléber und nimmt deshalb dessen Namen als Kriegspseudonym an.

Manfred Stern wird 1896 in der Bukowina als Sohn eines jüdischen Kleinbauern geboren. Im 1. Weltkrieg wird er in die österreichische Armee eingezogen und gerät 1916 in russische Kriegsgefangenschaft. Nach der Oktoberrevolution 1917 beteiligt er sich am Aufbau kommunistischer Truppen und wird bald zum Stabs-Chef der Roten Armee im Fernen Osten befördert, die dort gegen japanische Interventionstruppen kämpft. 1933 trifft Stern in Schanghai als militärischer Berater der chinesischen Regierung ein und organisiert den Kampf gegen die Japaner. Nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs wird Stern im Oktober 1936 von Stalin nach Madrid entsandt.

Franco will am 7. November als Sieger in Madrid einmarschieren, doch die ersten internationalen Einheiten unter General Kléber machen ihm einen Strich durch die Rechnung. Obwohl Klébers XI. Brigade nur aus 2.000 Freiwilligen besteht, stärkt ihr Auftauchen erheblich den Verteidigungswillen der spanischen 45. Division, die Madrid verteidigt. Aber die XI. Brigade büßt gleich bei ihrem ersten Einsatz 30 Prozent ihrer Soldaten ein. Unterdessen wird unter dem Kommando des ungarischen jüdischen Schriftstellers Mate Zalka, genannt „General Lucas“, die XII. Internationale Brigade, die „Garibaldi-Brigade“, gebildet und zusätzlich an die Madrider Front geworfen. In der Garibaldi Brigade kämpfen neben dem deutschen Thälmann-Bataillon auch Engländer, unter ihnen Desmond Romilly, ein Neffe Churchills sowie eine italienische Kompanie unter dem Kommando des italienischen Sozialisten Pietro Nenni. Nach dem 2.Weltkrieg ist Nenni mehrere Male italienischer Außenminister und stellvertretender italienischer Ministerpräsident.

Die internationale Presse feiert General Kléber als den Retter von Madrid. Das verärgert General Miaja, den spanischen Kommandeur der 45. Division und militärischen Vorgesetzten Klébers, der in einem Brief an die nach Valencia geflüchtete Volksfrontregierung dem General Kléber schwere militärische Fehler vorwirft. Auch den stalinistischen Geheimpolizisten, die bei den Linken immer mehr Einfluss erlangen, ist der charismatische Kléber ein Dorn im Auge. Nach einem Monat wird Kléber seines Postens enthoben. Mate Zalka übernimmt das Kommando der 45. Division. Als Zalka im Juni 1937 in der Schlacht von Huesca fällt, übernimmt Kléber dessen Divisionskommando für wenige Tage. Dann wird Kléber nach Moskau abberufen und verschwindet dort spurlos als Opfer der politischen „Säuberungen“. Auch zwei Brüder Manfred Sterns kämpfen in Spanien. Sein Bruder Leo wird später Oberst der Roten Armee und gehört zu den sowjetischen Truppen, die Österreich befreien. Leo Stern wird Professor an der Universität Wien und später Ordinarius für Zeitgeschichte an der Universität Halle sowie Vorsitzender der gemeinsamen Historiker-Kommission DDR-UdSSR. Das bewahrt Manfred Stern alias General Kléber nicht davor, eine Unperson in der sowjetischen Geschichtsschreibung zu bleiben. Manfred Stern ist nie rehabilitiert worden. Im Unterschied zu Manfred Stern wird Mate Zalka in der Zweiten Ausgabe der Sowjetischen Enzyklopädie des Jahres 1952 erwähnt.

Gustav Reicher

Nicht alle jüdischen Kriegsteilnehmer sind tapfere, aufrechte Soldaten, die dem Faschismus die Stirn bieten. Es gibt auch unangenehme Zeitgenossen. Zu ihnen gehört Gustav Reicher, der unter dem Pseudonym „Rwal“ in Spanien berüchtigt wird. Er wird 1900 in Polen geboren und kämpft mit 16 Jahren im 1. Weltkrieg in den Truppen des späteren polnischen Marschalls Pilsudski auf der Seite der österreichisch-ungarischen Monarchie. 1918 geht Reicher nach Moskau und wird als KP Funktionär nach Polen und Deutschland geschickt, wo er verhaftet und in die Sowjetunion abgeschoben wird. 1929 kommt er als hoher Funktionär der Komintern nach Berlin. Nach der Machtübernahme durch Hitler wird er Leiter der deutschen Sektion der Lenin Schule der Komintern in Moskau.

Anfang 1937 wird Reicher als Delegierter der Komintern nach Spanien geschickt. Dort durchleuchtet er die polnischen Freiwilligen nach ihrer politischen Zuverlässigkeit. Er verdächtigt in Spanien viele polnische Genossen als Trotzkisten und als Spitzel der polnischen Geheimpolizei. Als 1937 in Moskau Marschall Tuchaschewski und andere hohe sowjetische Militärs hingerichtet werden, organisiert Rwal „spontane Soldatenversammlungen“ um diese Maßnahme zu verherrlichen. Rwal versucht, den polnischen Freiwilligen ein Schuldgefühl unterzujubeln, weil 1808 polnische Freiwillige in der Armee Napoleons Gräueltaten begangen hatten, so dass sich die heutigen Freiwilligen als „Wiedergutmachung“ besonders für die Sache der Volksfrontregierung schlagen müssten. Ein jüdischer Freiwilliger entgegnet ihm:“ Genosse Rwal, ich bin zwar polnischer Staatsbürger, aber als Jude habe ich hier in Spanien nichts zu bereuen. Nicht wir haben die Spanier auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Wollten wir Juden mit den Spaniern abrechnen, fiele die Rechnung ganz anders aus.“

Nach einem Jahr wird Rwal nach Moskau zurückgerufen. Dort wird die gesamte in Moskau anwesende Parteiführung der Polnischen KP ermordet. Rwal ist nicht der einzige „Spanier“ der KPP, der damals liquidiert wird.

Dr. Edward Barsky

Nicht nur die kommunistischen Juden haben nach ihrer Rückkehr aus dem Spanischen Bürgerkrieg Probleme mit ihren Heimatländern, sondern auch die „kapitalistischen“ Juden, wie das Beispiel von Edward Barsky zeigt.

Edward Barsky wird 1895 in New York als Sohn eines eingewanderten russischen Juden geboren. Eds Vater hat in New York das große Beth Israel Hospital gegründet, in dem Ed später als leitender Chirurg arbeitet. Bei Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs gründet Ed das Medical Bureau to Aid Spanish Democracy, welches sich zur größten Hilfsorganisation der Welt für Spanien entwickelt.

Ed Barsky ist kein besonders gläubiger Jude und spricht nur schlecht Jiddisch. Aber er möchte den Kampf der Juden in Spanien unterstützen. Im Januar 1937 verlässt Dr. Barsky New York mit mehreren Ärzten, Krankenschwestern und einem mobilen 75-Betten Lazarett und beginnt seine Tätigkeit als Frontarzt bei Toledo. Dr. Barsky wird bald darauf zum Chefarzt des Internationalen Sanitätsdienstes ernannt und ist so für alle Feldlazarette der spanischen Volksfrontregierung verantwortlich.

Nachdem Dr. Barsky 1939 nach New York zurückgekehrt ist, leitet er das United Spanish Aid Committee, welches die in Frankreich internierten Spanienkämpfer unterstützt. Später wird daraus das Vereinigte Antifaschistische Flüchtlingskomitee, das in den kommenden zehn Jahren Tausende spanische Flüchtlinge aus den Lagern in Frankreich nach Mexiko rettet.

Dr. Barsky wird nach dem 2. Weltkrieg vor den Kongress-Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten zitiert und soll dort die Akten des Komitees herausgeben. Dr. Barsky weigert sich, um die in Francos Spanien lebenden Angehörigen der Flüchtlinge nicht zu gefährden. Wegen Missachtung des Kongresses wird Dr. Barsky die Approbation als Arzt entzogen und er wird zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, die er auch absitzt. Dr. Barsky stirbt 1974 im Alter von 78 Jahren in New York.

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