Consultar una autoridad – Behördeneffizienz auf Spanisch

Das Aufsuchen einer Behörde in Andalusien ist für einen Mitteleuropäer schon ein prägendes Erlebnis, welches ich hier einmal schildern möchte.

Wer eine Ferienwohnung in Spanien besitzt, kommt um solche gelegentlichen Besuche nicht herum. Es geht zum Beispiel um die Erneuerung des Empadronado. Dabei handelt es sich um folgenden Sachverhalt: Spanier, die in Spanien wohnen, zahlen dort ihre Einkommenssteuern. Das gilt aber auch für Ausländer, die mehr als 182 Tage in Spanien leben. Sie bleiben zwar Ausländer, müssen aber als „Residenten“ ihr Welteinkommen in Spanien versteuern. Ausländer, die weniger als 182 Tage in Spanien zubringen, versteuern ihr Welteinkommen in ihrem jeweiligen Heimatland. Aber auch an diesen Menschen haben die Gemeinden, in denen solche „Nichtresidenten“ wohnen, ein finanzielles Interesse. Denn nur für Personen, die in einer Gemeinde als „Einwohner“ gemeldet sind, erhält die Gemeinde öffentliche Zuschüsse der Junta de Andalucia, also der andalusischen „Landesregierung“. Damit man sich als Bürger einer Gemeinde registrieren kann, muss man sich um die Urkunde eines „Empadronado“ bewerben. Diese Urkunde muss alle zwei Jahre erneuert werden.

Nun könnte es mir als Ausländer ja egal sein, ob die Gemeinde, in der ich zeitweise lebe, vom Land Geld erhält. Damit es mir nicht egal ist, hat der Stadtrat festgelegt, dass Empadronados einen Nachlass von ca. 15% auf die jährlichen Gemeindesteuern und Gebühren erhalten.

In meinem Ortsteil betreibt die Stadt Estepona freundlicherweise ein Bürgerbüro, so dass ich zur Erneuerung meines Empadronado nicht 13 km zum Rathaus ins Stadtzentrum fahren und dort um einen Parkplatz kämpfen muss. Als ich mein lokales Bürgerbüro betrete, empfängt mich dort eine zierliche, weißhaarige, sehr höfliche und freundliche Frau. Sie bedauert, dass sie gerade meinen Antrag nicht entgegennehmen kann, weil das Computersystem streikt. Sie empfiehlt mir, es doch in einer halben Stunde noch mal zu versuchen. Da ich zum Urlaub hier bin und nicht zum Aufenthalt in Ämtern, beschließe ich, das Angebot nicht anzunehmen, sondern es am nächsten Tag noch einmal zu versuchen, zumal es sich ja um keinen dringenden Vorgang handelt.

Als ich am nächsten Tag wieder komme, befindet sich außer der alten Dame noch eine brünette Frau mittleren Alters im Bürgerbüro. Beide Frauen sind gerade mit Anträgen von zwei Bürgern beschäftigt. So nehme ich draußen am Gang auf den bereitstehenden Stühlen Platz. Sofort kommt eine Frau mit einem Kleinkind herein und stellt sich direkt in das Bürgerbüro. Aha, denke ich, hier wartet man nicht draußen, und stelle mich dazu.

Die ältere Dame erkennt mich von gestern und nickt mir freundlich zu. Sie ist mit dem Passantrag eines Mannes beschäftigt. „Beschäftigt“ ist eigentlich nicht das richtige Wort, denn beide Parteien sitzen sich ohne Aktivität gegenüber und scheinen auf etwas zu warten. Mittlerweile haben weitere zwei Personen den Raum betreten. Die ältere Dame steht auf, gesellt sich zu den Neuankömmlingen und plaudert ein wenig mit ihnen über die Anliegen, welche sie hierher geführt haben mögen. Dann begibt sich die Frau wieder an ihren Schreibtisch und plaudert mit dem Mann, der den Pass benötigt. Auf einmal geht sie zu ihrer Kollegin, die an dem anderen Schreibtisch das Anliegen des Mannes bearbeitet, den ich schon beim Betreten des Raumes gesehen hatte. Offensichtlich holt sich die ältere Dame dort Rat ein, wie sie mit dem Passantrag verfahren soll. Mittlerweile ist die Schlange der Wartenden auf acht Personen angewachsen. Die ältere Dame wendet sich den Neuankömmlingen zu und lässt sich über deren Anliegen berichten.

Nun erhebt sich die Brünette und bittet mich, an einem dritten Schreibtisch Platz zu nehmen. Eigentlich erwarte ich, dass sie nun meine von mir mitgebrachte Empadronado-Urkunde in ihrem Computer verlängert. Denn dort sollten ja von meinem ersten Antrag alle Daten über mich vorhanden sein. Stattdessen macht sie eine Fotokopie meines Personalausweises und füllt ein Formular aus, das ich unterschreiben muss. Sie fragt, ob ich von dem unterschriebenen Formular eine Kopie möchte. Natürlich möchte ich. Sie geht aber nicht zum Kopierer, sondern setzt sich wieder an den ersten Schreibtisch und nimmt dort die Behandlung des Antrags des Mannes wieder auf, der dort noch immer wartet. Nach endlosen fünf Minuten erhebt sich die ältere Dame, lässt sich von der Brünetten das von mir unterschriebene Formular geben und macht eine Fotokopie. Dann geht sie wieder zu den anderen Wartenden und spricht mit ihnen über deren Anliegen. Nach weiteren fünf Minuten erhebt sich die Brünette und lässt sich von der älteren Dame mein Original und die Kopie geben. Ich muss mich erneut vor den dritten Schreibtisch setzen und erhalte zu meiner Verblüffung das Original samt Kopie meines Personalausweises. Die Brünette behält die Kopie meines Formulars, während die ältere Dame die Schlange der Acht hinter mir bei Laune hält.

Der ganze Vorgang hat mich eine gute Stunde Zeit gekostet. Die beiden Bürger, die schon vor mir dran waren, sind immer noch nicht abgefertigt, ganz zu schweigen von den bedauernswerten acht Bürgern, die immer noch hinter mir warten.

Offensichtlich ist mir als Ausländer eine Vorzugsbehandlung zuteil geworden. Unter Effizienz bin ich etwas anderes gewohnt, aber sozial kommunikativ war es auf jeden Fall.

Von Wolfgang Zöllner

Verfasst am 13. April 2017
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